Geerbt – und jetzt?

Ein Schein macht den Unterschied.

Neben der emotionalen Belastung, die der Tod eines Menschen in der Regel mit sich bringt, haben sich Erben auch mit vielen, vielen formellen und formalen Dingen auseinanderzusetzen. Jedenfalls immer dann, wenn kein, ein ungültiges oder ein unklares Testament vorliegt. Ist das der Fall, greift zwar die gesetzliche Erbfolge, die festlegt, wer zu welchen Teilen erben wird. Aber: Um das Erbe wirklich aufteilen zu können, braucht es häufig einen Erbschein.

Ein Erbschein ist – ganz nüchtern ausgedrückt – ein amtliches Zeugnis in Form einer öffentlichen Urkunde. Also ein echtes Dokument, das gebraucht wird, wenn man etwa an die Konten des Verstorbenen will, seine Immobilien veräußern oder einen Nachfolger für die vom Toten geführte Personengesellschaft oder einen Geschäftsführer für dessen GmbH ins Register eintragen lassen will. Ein Erbschein berechtigt uns als Erben zu all diesen Schritten – er dient als Nachweis gegenüber Dritten und belegt unseren Anspruch.

Wann ein Erbschein erforderlich ist

  • Bankvermögen: Ohne Erbschein häufig keine Auskunft und auch keine Auszahlung. Bei sehr einfachen Erbfolgen oder einem handschriftlichen Testament gibt es Ausnahmen. Sprechen Sie mit dem Bankberater.
  • Die geerbte Immobilie: Ohne einen Erbschein oder ein notarielles Testament, welches Ihre Erbenstellung nachweist, können Sie die Immobilie nicht verkaufen. Denn eine Umschreibung im Grundbuchamt kann nur mit diesem Stück Papier erfolgen.
  • Unternehmen des Verstorbenen: Ohne Erbschein keine neue Leitung und damit Stillstand im Unternehmen.

Aus der Praxis

Sophie B. war im gesegneten Alter von 92 Jahren verstorben und hinterließ ein – sagen wir mal – eher reduziertes Testament. Erben sollte die „geliebte Familie“ – leider hatte Sophie B. eine recht große – mit vielen Cousinen, Cousins, Nichten, Neffen, Großnichten, Großneffen und anderen Verwandten. 20 Menschen insgesamt. Das Nachlassgericht entschied auf die „gesetzliche Erbfolge“ (Sie erinnern sich an die Faustregel: Je näher verwandt, desto höher das Erbe?). Ein Fall für uns: Denn schon beim Totenschmaus zeigte sich, dass man sich weder besonders gut kannte, noch besonders gut leiden konnte. Das aber ist bei einer solchen Zwangsgemeinschaft, auch Erben-Gemeinschaft genannt, unabdinglich. Denn in Fällen wie diesen müssen sich alle auf gemeinsame Entscheidungen verständigen.

Nun, hier war das erst einmal nicht der Fall. Schnell wollte der eine oder andere Fakten schaffen – etwa Sophies Haus verkaufen, die Kunst, die Sophies Ehemann gesammelt hatte, auf den Markt werfen, den Schmuck an sich nehmen. Einmal abgesehen vom so entstehenden Streit-Potenzial: Rechtlich gesehen kann daraus im Einzelfall schnell einmal eine Unterschlagung werden.  Auch bei der Auflösung der Konten von Sophie stieß die Erbengemeinschaft auf Granit. Denn die Bank winkte ab und erklärte: Ohne Erbschein keine Auflösung geschweige denn Auszahlung. Die Erben erkannten: So funktioniert das alles nicht und beauftragten uns zur Klärung.  Keine leichte Aufgabe: Denn ohne den Erbschein konnten auch wir natürlich zunächst wenig ausrichten, erhielten keine Auskunft, stießen an Grenzen.

Wir haben dann erst einmal für den Erbschein gesorgt – das kann man beim jeweils zuständigen Nachlassgericht oder bei einem Notar seiner Wahl machen. Mit dem Papier in der Hand war die Klärung und schließlich Auseinandersetzung des Erbes (heißt: Wer bekommt was und wieviel) formal geregelt und ließ sich dann auch relativ schnell über die Bühne bringen. Die Zwangsgemeinschaft der Erben endet übrigens mit dem Tag, an dem alles verteilt und ordnungsgemäß übergeben wurde.  Wir wissen übrigens nicht, ob die Familie danach jemals wieder ein normales Miteinander gepflegt hat. Zu wünschen wäre es ja.

Erbschein: Gut zu wissen!

Ein Erbe ohne Erbschein zu verteilen ist wie Monopoly spielen, ohne die Regeln zu kennen. Am Ende ist das Geld futsch, die Stimmung im Keller, und alle schieben sich gegenseitig den schwarzen Peter zu.

In diesem Sinne: Denken Sie an den Erbschein, wenn es etwas für Sie und die Verwandtschaft zu erben gibt.

Ihre Ira Kröswang

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