Hilfe, ich habe geerbt…

Eine Anleitung zum Erben und warum das Nachlassgericht eine zentrale Rolle spielt.

Sie erinnern sich an Verena Löblich? Die plötzlich und unerwartet für die Bestattung ihres ungeliebten Vaters verantwortlich war? Und die ebenso plötzlich vom Nachlassgericht erfuhr, dass sie Alleinerbin sein würde? Was tun, wenn man diese Nachricht von einem Nachlassgericht erhält? In unserem Fall hatte Verena den Kontakt zu ihrem Vater schon seit Jahren abgebrochen. Sie weiß weder, wie er gelebt hat, noch ob er irgend etwas hinterlassen hat. Auch ein Testament scheint es nicht zu geben.

Verzweifelt wendet sie sich an das Nachlassgericht. Ein guter Schritt. Denn das Nachlassgericht ist die zentrale Anlaufstelle für alle erbrechtlichen Angelegenheiten. Allerdings: Was zum Erbe gehört, wird das Gericht nicht recherchieren. Das Nachlassgericht kann lediglich allgemeine Auskünfte zum Verfahren geben, z.B. über die Möglichkeit der Erbausschlagung, die Fristen, die es zu beachten gilt, und die grundsätzlichen Pflichten eines Erben. Es führt jedoch keine Rechtsberatung im Einzelfall durch. Verena Löblich wird allerdings – höflich, aber bestimmt – aufgefordert ein privates Nachlassverzeichnis zu erstellen. Schwierig, wenn man wie Verena nicht weiß, ob der Vater überhaupt einen nennenswerten Nachlass hinterlassen hat. Das Gericht bietet einen Ausweg in Form eines zu beantragenden amtlichen Nachlassverzeichnisses. In einem solchen Fall wird dann nicht Verena, sondern vom Nachlassgericht beauftrage Experten die amtliche Variante aufnehmen.

Wer ist für eine solche Aufgabe geeignet?

Meistens werden hier Notare, Gerichtsvollzieher oder auch Kanzleien wie die meine mit dieser Aufgabe betraut. Aber Vorsicht: Wenn große Zweifel an der Werthaltigkeit des Nachlasses bestehen und eine Überschuldung befürchten werden kann, wird das Gericht (oder ein beratender Anwalt/Notar) über die Möglichkeit der Erbausschlagung informieren (Frist: 6 Wochen!). Auch zu einer weiteren Alternative, nämlich der Haftungsbeschränkung für Nachlassschulden (z.B. Beantragung einer Nachlassverwaltung oder – bei Zahlungsunfähigkeit – eines Nachlassinsolvenzverfahrens), kann das Gericht Auskunft geben. Bei diesen Verfahren wird ebenfalls durch einen vom Gericht bestellten Nachlassverwalter oder Insolvenzverwalter eine umfassende Ermittlung von Vermögen und Schulden vorgenommen. 

Verena setzt – weil sie inzwischen von Bekannten erfahren hat, dass zum Erbe auch eine Immobilie gehört – zunächst auf das amtliche Nachlassverzeichnis. Schon nach kurzer Zeit hält sie ein Dokument in den Händen, das alle zum Zeitpunkt der Aufnahme bekannten Vermögenswerte und Schulden auflistet. Sie freut sich: Denn der Vater hat nicht nur ein beachtliches Bankguthaben und ein Aktiendepot mit stabilen Papieren sein Eigen genannt, sondern auch zwei Immobilien besessen. All das gehört jetzt ihr.

Wäre Verena dem Gericht als Erbin nicht bekannt gewesen, hätte das Gericht von Amts wegen oder auf Antrag (z.B. eines Gläubigers) einen Nachlasspfleger bestellen können. Eine Aufgabe, die wir in der Kanzlei häufig übernehmen. Unsere Hauptaufgabe dabei: den Nachlass zu sichern, zu verwalten und die Erben zu ermitteln. Und: Wir erstellen in einem solchen Fall natürlich auch ein Nachlassverzeichnis, das wir dann an die ermittelten Erben geben.

Fazit:

Wie und auf welchem Wege man rechtssicher erben kann, ist in Deutschland relativ gut geregelt. Das Nachlassgericht ist immer die erste Adresse, wenn’s um Erben geht. Es wird die rechtlichen Instrumente wie das amtliche Nachlassverzeichnis aufzeigen. Wichtig zu wissen: Das Gericht führt diese Ermittlungen nicht selbst durch, sondern beauftragt Dritte mit der Recherche und Erfassung des Erbes. Für eine umfassende persönliche Beratung und Unterstützung bei der Nachlassermittlung sollte man auf die Hilfe eines Notars, auf Erbrecht spezialisierten Rechtsanwalts oder einer Kanzlei wie der unseren setzen.

Einen schönen Tag. Bleiben Sie mir gewogen.
Ihre Ira Kröswang

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