Wenn Betreuung zur Belastung wird –

und was Erben über eine gesetzliche Betreuung wissen sollten

Ein gesetzlicher Betreuer steht nicht über dem Gesetz. Erben dürfen – und müssen – genau hinsehen.

Hallo zusammen,

heute möchte ich Ihnen eine Geschichte erzählen, die leider häufiger vorkommt als gedacht. Sie beginnt – wie so viele – mit einem Schreiben. In diesem Fall vom Amtsgericht. „Sie kommen als Erbin in Betracht“, heißt es. Für Karla Merten, die gerade ihren Alltag zwischen Job, Kindern und Pflege der Schwiegermutter jongliert, kommt die Nachricht wie aus dem Nichts. Ihre Tante Ruth, die unter Betreuung stand und mit der sie zuletzt vor Jahren Kontakt hatte, ist verstorben. Und Karla soll erben.

Erst Freude, dann Verwunderung – und schließlich blankes Entsetzen. Denn was sie im weiteren Verlauf erfährt, lässt einen sprachlos zurück.

Ein gesetzlicher Betreuer – und niemand hat hingesehen

Tante Ruth war in den letzten Lebensjahren nicht mehr geschäftsfähig. Das Amtsgericht hatte deshalb eine gesetzliche Betreuung angeordnet und einen Betreuer eingesetzt – einen Mann, der auf dem Papier alle nötigen Voraussetzungen erfüllte. Er sollte sich um ihre Finanzen kümmern, ihre Rechte wahren, sie in Gesundheitsfragen vertreten. Tatsächlich hat er: nichts davon getan.

Keine ordentliche Abrechnung. Keine Kontoauszüge. Keine Belege für Ausgaben. Stattdessen: leere Konten, ein ungepflegtes Haus, und Hinweise darauf, dass Teile des Mobiliars und sogar Schmuck verschwunden sind.

Was ein Betreuer darf – und was er tun muss

Ein gesetzlicher Betreuer wird vom Amtsgericht bestellt, wenn eine volljährige Person ihre Angelegenheiten aufgrund von Krankheit oder Behinderung nicht mehr selbst regeln kann. Je nach Aufgabenkreis – Vermögenssorge, Gesundheitssorge, Aufenthaltsbestimmung – übernimmt er damit eine hochverantwortliche Rolle.

Er ist verpflichtet, über alle Handlungen Rechenschaft abzulegen – spätestens nach dem Tod der betreuten Person. Die Erben haben dann ein Recht auf Einsicht. Das Problem: Einige Betreuer halten sich nicht daran. Oder – schlimmer – sie ignorieren es.

Für Karla beginnt nun ein echter Kampf

Sie muss sich durch unvollständige Unterlagen wühlen, bei Banken nachhaken, das Amtsgericht um Hilfe bitten. Erst nach Monaten kann sie nachvollziehen, wie das Vermögen ihrer Tante nach und nach verschwunden ist..

Was Erben bei einer gesetzlichen Betreuung wissen müssen

Wenn ein gesetzlicher Betreuer im Spiel war, sollten Erben ganz genau hinschauen:

  • Rechnungslegung anfordern: Sie haben ein gesetzliches Recht darauf. Auch dann, wenn der Betreuer nahe Angehöriger war.
  • Amtliche Nachlassverzeichnisse nutzen: Diese können helfen, eine neutrale Vermögensübersicht zu erhalten – erstellt von Gerichtsvollziehern oder Notaren.
  • Professionelle Begleitung suchen: Eine auf Erbrecht spezialisierte Kanzlei kann bewerten, ob ein Vorgehen gegen den Betreuer sinnvoll ist – und welche Wege offenstehen.

Mein Tipp:

Ein gesetzlicher Betreuer kann eine große Hilfe sein – wenn er seine Aufgabe ernst nimmt. Im besten Fall sorgt er für Ordnung, schützt das Vermögen und dokumentiert alles nachvollziehbar. Im schlimmsten Fall aber – und das zeigt Karlas Geschichte – steht man als Erbe vor einem Trümmerfeld, ohne Antworten und mit vielen offenen Fragen.

Wer also erfährt, dass im Vorfeld der Erbschaft ein Betreuer im Spiel war: lieber einmal zu viel hinschauen als zu wenig. Es geht nicht nur ums Geld. Sondern auch um Gerechtigkeit – und die Würde der Verstorbenen.

Bleiben Sie mir gewogen.

Ihre
Ira Kröswang


Mini-Checkliste bei gesetzlicher Betreuung: Wenn ein Betreuer vor dem Erbfall tätig war

1. Wurde ein gesetzlicher Betreuer bestellt?
Beim Betreuungsgericht nachfragen, ob ein gesetzlicher Betreuer eingesetzt war – und für welche Aufgabenkreise (z. B. Vermögenssorge, Gesundheitsfürsorge).

2. Nachlassverzeichnis und Rechnungslegungen einfordern
Der Betreuer ist gesetzlich verpflichtet, über alle finanziellen Vorgänge Rechenschaft abzulegen. Die Erben haben das Recht, das Nachlassverzeichnis und die Rechnungslegungen einzusehen – inklusive Kontoauszüge, Quittungen und Belege.

3. Amtliches Nachlassverzeichnis beantragen
Wenn die Unterlagen unvollständig sind oder Zweifel am Verhalten des Betreuers bestehen: ein amtliches Nachlassverzeichnis über das Gericht beantragen. Das sorgt für eine objektive und überprüfbare Vermögensübersicht. Die lange Bearbeitungszeit dürfen Sie dabei nicht unterschätzen.

4. Unregelmäßigkeiten dokumentieren
Auffällige Abhebungen, fehlende Wertgegenstände, ungewöhnliche Ausgaben – alles notieren. Auch kleine Hinweise können später wichtig werden.

5. Rechtliche Schritte prüfen lassen
Bei Verdacht auf Pflichtverletzung sollte rechtlicher Rat eingeholt werden. Eine auf Erbrecht spezialisierte Kanzlei kann prüfen, ob zivilrechtliche oder strafrechtliche Schritte in Frage kommen.

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