Kommunikation in der Familie, wenn´s ums Erben geht
Es gibt Themen, über die redet man nicht gern – und schon gar nicht beim Sonntagsbraten mit der Familie. Krankheit. Tod. Und Geld. Wenn dann auch noch das Wort „Erbe“ fällt, wird’s erst recht heikel mit der Kommunikation. Warum eigentlich? Weil das Thema viel mehr mit Emotionen zu tun hat als mit Zahlen. Und weil es oft mit alten Geschichten, unausgesprochenen Erwartungen oder verletzten Gefühlen verwoben ist.
Aber sind wir mal ehrlich: Schweigen nützt nicht und schützt schon gar nicht vor Streit. Es verschiebt ihn nur. Dabei ist Kommunikation so wichtig.
Ein Klassiker: „Mama hätte gewollt, dass ich…“
Stellen Sie sich folgende Szene vor: Drei erwachsene Geschwister sitzen nach der Beerdigung ihrer Mutter zusammen. Der eine zieht das Testament aus der Tasche, die andere fängt an zu weinen, der dritte sagt nichts – aber sein Blick spricht Bände. Auf dem Tisch liegen Erbschaft, Erinnerungen – und offene Rechnungen, die nie gestellt wurden.
„Ich hab mich doch immer gekümmert.“
„Du hast doch schon genug bekommen!“
„Jetzt geht das wieder los …“
Wenn es ums Erben geht, geht es fast nie nur ums Geld. Es geht um Anerkennung. Um Gerechtigkeit. Um alte Rollen und Erwartungen. Um alte Streitmuster. Und plötzlich sitzen wieder dieselben Kinder am Tisch, die sich früher gestritten haben, wer auf dem Rücksitz ans Fenster darf.
Was hilft? Kommunikation – und zwar rechtzeitig
Die meisten Erbstreitigkeiten lassen sich vermeiden, wenn man frühzeitig und ehrlich miteinander spricht. Klingt banal, ist es aber nicht. Denn: Wer setzt sich schon freiwillig mit den eigenen Eltern hin und sagt: „Wie habt ihr euch das eigentlich mit dem Erbe vorgestellt?“ Oder: „Ich wünsche mir, dass wir offen darüber sprechen, bevor wir uns später vielleicht streiten.“
Und doch: Diese Gespräche sind Gold wert. Und können helfen (wenn man sie denn führt).
Spricht man über diese Themen, weiß man, wie der andere denkt, was ihm wichtig ist, was er befürchtet oder wünscht. Man kann besser damit umgehen und gemeinsame Lösungen finden. Im besten Fall entsteht sogar ein neues Wir-Gefühl. Aus meiner Praxis weiß ich: In den seltensten Fällen gehen Familien diesen Weg. In den meisten Fällen ist – basierend auf den alten Verhaltensmustern – Streit vorprogrammiert.
Was tun, wenn´s knallt?
Wenn das Gespräch längst zum Streit geworden ist, das Testament angezweifelt wird und jeder überzeugt ist, dass er zu kurz kommt – dann hilft oft nur noch: eine neutrale Instanz.
Als Expertin für Erbangelegenheiten erlebe ich solche Situationen regelmäßig. Manchmal reicht schon ein moderiertes Gespräch, um Missverständnisse aus der Welt zu schaffen. In anderen Fällen braucht es klare juristische Schritte. Wichtig ist: Alle Beteiligten müssen wieder miteinander sprechen. Den Dialog und die Einigung suchen.
Ich habe schon Familien erlebt, die jahrelang kein Wort miteinander gesprochen haben – und dann durch Mediation einen Weg gefunden haben, das Erbe fair zu regeln und die Streithähne wieder zu versöhnen. Zugegeben: nicht immer ein Happy End. Aber oft besser als jeder Gerichtstermin.
Mein Rat an alle Erblasser:innen da draußen:
- Reden Sie mit Ihren Kindern. Offen, klar, ehrlich.
- Lassen Sie – wenn Ihr Erbe umfangreich ist – ein Testament erstellen, das transparent ist. Und keine falschen Erwartungen weckt.
- Erklären Sie Ihre Entscheidungen. Gerade wenn die Aufteilung nicht „gleich“ ist.
- Ziehen Sie Fachleute hinzu, wenn Sie merken, dass die Kommunikation schwierig wird.
Denn eines ist sicher: Nicht das Erbe trennt Familien – sondern das Schweigen darüber.
Mein Fazit:
Wer liebt, redet. Auch über das, was nach dem eigenen Tod kommt.
Und wer erbt, sollte wissen: Reden kann schwer sein – aber nichts ist teurer als ein Familienstreit.
In diesem Sinne: Bleiben Sie mir gewogen und treue Leser:innen dieses Blogs.
Dann klappt’s auch mit der Erbkommunikation.
Ihre
Ira Kröswang
Fakten zum Nachlesen:
- 80 % aller Erbstreitigkeiten entstehen durch fehlende oder missglückte Kommunikation.
- Testamente ohne Erklärung führen oft zu Misstrauen unter den Erben.
- Mediation in Erbfällen ist eine kostengünstige Alternative zum Prozess – und hilft oft schneller zur Lösung.
- Emotionen sind normal – professionelle Unterstützung hilft, den Überblick zu behalten.